Wie angekündigt, werde ich in Zukunft einige Interviews mit Experten, Trainern und Menschen, denen Bewegung wichtig ist, führen und hier veröffentlichen. Das soll mir – und vielleicht auch euch – helfen, die Fragen zu beantworten, was Bewegung bedeutet und inwiefern sie Bestandteil unseres Lebens sein sollte.
Das erste Interview ist mit Will Brown, den ich bei einem Workshop auf der Free Arts of Movement Convention in München kennenlernen durfte. Als Movision Movement Coach zeigte er uns, wie Kraft auf natürliche Art und Weise trainiert werden kann, ohne dabei auf Geräte oder Maschinen angewiesen zu sein.
Will stammt aus England und bevor er zum „Mover“ wurde hat er 10 Jahre Fußball und 3 Jahre American Football gespielt, Crossfit, Bouldern, Klettern betrieben und war außerdem als Gymnastics-Coach bei Crossfit Faber (UK) tätig.
Das Interview haben wir in Wil´s Muttersprache geführt. Zunächst folgt das Interview übersetzt in deutscher Sprache und weiter unten findet ihr die englische Originalversion.
Viel Spaß beim Lesen und Danke Wil für deine Bereitschaft, uns deine Ansichten näher zu bringen!
Kathrin: Kannst du kurz definieren, was „Movement“ in deinen Augen bedeutet?
Will: Bewegung ist Alles! Wir leben in einem Körper. Diesen Körper müssen wir bewegen, um lebendig zu sein.
Du warst lange Zeit Fußball- und Footballspieler. Was hat dich veranlasst, damit aufzuhören, hat sich dadurch deine Perspektive zu Sport verändert?
Während meiner gesamten Schulzeit spielte ich Fußball, wahrscheinlich waren soziale Gründe die Triebfeder. Meine Familie war generell sehr sportbegeistert: mit meinem Großvater spielte ich Golf, mit meinem Vater Rugby und Tennis. Nicht zu vergessen das obligatorische Spielen, das man als Kind tut: herumrennen, auf Bäume klettern. All das, was man als Kind ebenso tun sollte.
Als ich dann mein Studium an der Uni begann, wollte ich Veränderung haben, etwas, das mich in eine neue Richtung bringen würde. Da ich Verwandte in den Vereinigten Staaten hatte, interessierte ich mich schon immer für (American) Football. Ich begann also, diese Sportart auszuüben und sofort sprang der Funke über: die Körperlichkeit des Spiels, das Streben dadurch erfolgreich zu sein, dass Individuen Spielzug für Spielzug synchron zusammenarbeiten faszinierte mich. Ich hatte Freude an der Idee des Anfängergeistes, da ich zunächst keinerlei Vorstellung von den Regeln oder Techniken hatte, die einen guten Spieler ausmachen. Danke meiner sportlichen Vergangenheit, meinem Willen und der Fokussierung machte ich schnell Fortschritte. Man ließ mich Quarterback spielen, was gleichzeitig eine Führungsrolle für mich bedeutete und mir sehr lag.
Leider habe ich das Gefühl, dass ich nie mein volles Potential ausspielen konnte; die zwei kurzen Jahre, die ich diesen Sport ausübte, waren wie eine Achterbahnfahrt: die Hochzeiten beinhalteten, dass ich als aufstrebender Quarterback gefeiert wurde und zu den Try-outs für das Britische Nationalteam eingeladen wurde. Die Kehrseite waren jedoch viele Verletzungen, die schlimmste davon betraf mein Knie. Diese Verletzung führte schließlich dazu, dass sich meine Perspektive bzgl. meiner körperlichen Fähigkeiten veränderte. Als ich nach Deutschland ging, um mein Studium an der Kölner Sporthochschule fortzusetzen, beschloss ich meine Karriere zu beenden.
Generell kann ich sagen, dass meine Perspektiven sich stets weiterentwickeln. Dieser Prozess ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Faktor für Wachstum und Lernen.
Auf der FAM-Convention hatte ich das Vergnügen, einer deiner Workshops zu besuchen, bei dem du uns ein paar Basics in „Natural Strength“ vermitteltest hast. Dort haben wir hauptsächlich mit dem eigenen Körpergewicht und mit Gymnastikringen gearbeitet. Du selbst verfügst über eine außergewöhnliche Physis und viel Kraft. Wie sieht dein eigenes Training aus: trainierst du selbst ausschließlich nach „Natural Strength“ Maßgaben oder hast du strikte Trainingspläne, die dir feste Satz- und Wiederholungszahlen vorgeben?
Danke erstmal, dass du teilgenommen hast! Ich hatte viel Spaß und ich hoffe, du hast dort genauso viel mitgenommen wie ich (Anmerkung: ja, habe ich).
Der Workshop sollte ein paar der Ideen wiedergeben, was ich unter „Natural Strength“ verstehe. Zusammengefasst haben wir uns mit den Gegensätzen Spannung und Entspannung auseinandergesetzt und damit, wie man an seiner Kraft arbeiten kann ohne Maschinen oder ausgefallene Gerätschaften zu nutzen. Konzepte wie soziale und physische Interaktion waren ebenfalls Bestandteil. Der Hintergrund sollte sein, dass in dieser offenen Struktur jeder Teilnehmer nach seinem eigenen Leistungsvermögen seine Grenzen austesten können sollte.
Um deine Frage zu beantworten: nein, ich selbst trainiere nicht streng nach einer Methode, einem Plan oder einer bestimmten Art und Weise. Momentan versuche ich mich innerhalb der Grenzen zu bewegen, Bewegung spielerisch zu erforschen,wie auch immer man das interpretieren möchte.
Wie wichtig ist es für dich, nicht nur an deiner Kraft, sondern auch an deiner Mobilität zu arbeiten?
Immens wichtig! Während der Zeit, in der ich verschiedene Sportarten ausübte, war ich nicht allzu beweglich. Ich habe mich meist auf meine Kraft und Geschwindigkeit verlassen, um bestimmte Bewegungsmuster bewerkstelligen zu können. Derzeit verbringe ich täglich Zeit damit, verschiedene Dehnmethoden, Morgenroutinen und allgemeine Bewegungspraktiken auszuprobieren. Das soll mir helfen, einen mobileren und nützlicheren Körper zu bekommen.
Bspw. habe ich eine Morgenroutine, die täglich nach dem gleichen Schema verläuft: Atemübungen, statische passive Dehnübungen, Armschwünge, Wirbelsäulengymnastik und wechselnde Konzepte, mit denen ich mich jeweils in diesem Monat, dieser Woche auseinandersetze. Zusätzlich praktiziere ich „Loaded Stretching“, entweder in meinen Trainings-Sessions oder gemeinsam abends mit meinen Freunden. Ich folge dabei keinem Dogma, mal bediene ich mich Methoden aus dem Yoga oder ich mache „ballistisches Dehnen“.
Sicherlich bewegen wir uns heutzutage zu wenig; andererseits wird unsere Welt immer stressiger und hektischer. Wie wichtig sind aus deiner Sicht Entspannungstechniken? Nutzt du selbst Methoden und wenn ja, wie implementierst du diese in deinen Alltag?
Das ist eine gute Frage! Ich stimme dir in beiden Aussagen zu. Stress erfahren wir heutzutage auf verschiedene Art und Weise, gleich ob durch unsere Arbeit, Uni, Schule, Training oder durch die falsche Atmung. In meinem Training habe ich oft Phasen intensiver Belastung, so dass ich beständig Wege suche, um dem entgegenzusteuern. Ich möchte verhindern, dass sich zu viel Spannung oder Stress in meinem Körper aufbaut. Eine Möglichkeit ist es, Abende mit meinen Freunden zu verbringen, während wir unsere Körper mit Massage Techniken entspannen oder „Shaking-Methoden“ anwenden. Ich kann mich weiterhin entspannen, indem ich Tagebuch führe (das hilft mir, über meine Gedanken, Gefühle zu reflektieren), lese, Atemübungen mache, Zeit in der Natur verbringe, lache…
Ist ein Mensch, der sich bewegt ein besserer Mensch und wenn ja, warum?
Ich denke nicht, dass ich in einer Position bin, um über andere Menschen zu urteilen. Ich kann nur außer meiner Sicht sprechen und darüber, was für mich funktioniert. Ich teile gerne meine Gedanken und Gefühle darüber und natürlich welche Auswirkungen das auf mein persönliches Energielevel hat. Daher würde ich definitiv einem jeden Menschen raten, sich zu bewegen. Denn der Container, in dem wir leben – unser Körper – braucht Bewegung!
Wie kann jemand, der bislang eher bewegungslos war mehr Bewegung in sein Leben bringen? Wie könnte dieser Mensch anfangen?
Um Ido Portal zu zitieren: Starte damit, dich weiterzubilden! Suche nach Informationen, die dir helfen, dich zu bewegen. Sofern dir Motivation oder der Wille fehlt, dir selbst Informationen zu beschaffen, würde ich raten, dass du dir Gleichgesinnte oder einen Coach suchst, die dir dabei helfen können, „bewegter“ zu werden. Wir sind soziale Wesen und sich immer nur alleine zu bewegen kann einsam machen. Das Schöne entsteht, wenn wir uns miteinander verbinden.
Welche Bewegungen erachtest du als essentiell und sollten folglich von jedem Menschen beherrscht werden?
Atmen, Schlafen, Essen, Sex… Du verstehst was ich meine! Ich empfehle dir, die Bewegungen auszuüben, bei denen du dich gut fühlst und bei denen du vielleicht sogar ins Schwitzen kommst…
Machst du bei deinen Workshops Unterschiede zwischen Männern und Frauen was die Übungen und das Training anbelangt?
Das kommt immer darauf an, um welche Art von Workshop es sich handelt. Generell würde ich eher auf körperliche denn auf geschlechtliche Unterschiede abstellen und achten…
Wie können die Lesen mehr über dich erfahren, über das was du tust oder vielleicht sogar gemeinsam mit dir trainieren?
Bspw. auf meinem Instagram Account WBROWN7. Dort bin ich ziemlich aktiv und poste regelmäßig Beiträge über Bewegung, Training, etc. Ich bin auch gerade dabei, meinem Blog einen Relaunch zu verpassen. Neuigkeiten darüber werden auf der Movision Movement Webseite geteilt werden. Sofern Fragen aufkommen, was Online Coaching betrifft, bin ich immer offen, Antworten zu geben und freue mich, mich mit all jenen auszutauschen, die ihre Zeit investieren, um an der Reise teilzunehmen!
Original Version in English
Kathrin: Can you define what „movement“ means to you?
Wil: Everything! We are in a body… a body in which to keep alive, we must move.
You used to be a soccer and a football player. Why did you stop doing that kind of sport and what lead to that decision? Did your perspective about sport change over time?
I was a soccer player my whole school life, I guess due to social reasons. My family have always been very interested in sport in general. I used to play golf with my grandad, soccer with my dad, rugby and tennis also. Not to mention running, climbing trees and generally playing as a child should.
When I started University I wanted a change, something to push me into a new direction. Seeing as I had relatives in America, I had been interested in Football for a while. I started it and immediately fell in love with the physicality, the strive to succeed through individuals coming together in synchrony each play. I also thrived on the beginner’s mindset, I had no idea of the rules or techniques in which to be a good player. My athletic childhood put me in a good position to progress quickly, along with my drive and focus. I was put into the position of Quarterback, which put me into a leadership role, something I also loved.
Unfortunately, I feel like I never achieved my true potential, my short 2 years of playing was filled with ups and downs. The ups included a quick rise to being recognized as an up and coming QB, being selected for the Great Britain team try outs. However, at this time I had many injuries, the worst of which was my knee. These really put my physical ability into perspective, and eventually to the decision of stopping the sport, as I went to study in Cologne at the German Sports University. I still feel today that my perspectives are evolving, an important thing for growth and learning.
I attended one of your workshops where you taught us some basics in „Natural strength“. That means using mainly your own bodyweight and some gymnastic rings. You yourself display exceptional physical fitness. Do you train in „natural strength-ways“ only or do you still use training plans with strict set and rep specifications?
Yes, thank you so much for coming, I very much enjoyed it and I hope you learned as much as I did! The workshop was some ideas I had with regards to the topic of Natural Strength. Briefly, we covered Tension opposed to Relaxation, how to train for strength without the use of machinery or fancy equipment, social/physical interaction and other such concepts. I used a very open structure, in which each participant was able to research within the boundaries given. To answer your question, no I do not only use one training method/style/plan. I am currently very much within the boundaries of playful research; however, you wish to interpret that.
How important is it for you to work not only on your strength but also on your mobility?
Incredibly. Whilst playing various sports in my past, I have never been all too mobile; relying on my strength and speed to overcome various movement patterns. Currently I spent time each and everyday exploring stretching methods, morning routines and general movement practices in which to create a more mobile and useful body. For example, I use a general morning routine, which looks pretty similar each day; including some breath work, static passive stretches, arm swings, spinal work and any other concepts I am looking into that given month/week. I will then utilize various loaded stretching principles in my training sessions, or maybe even in the evening with friends. I have no dogmas, from time to time I utilize anything from Yoga to ballistic stretching.
Of course, modern man needs to move more but on the other hand our world gets more and more stressful. How important are relaxation techniques in your opinion? Do you yourself make use of them in your daily life and how do you implement them?
Very nice question! I completely agree, in that modern man needs to move more, and also that the world is becoming more stressful. Stress comes in many different forms, whether that’s from work, exams, training or even breathing. Seeing as my training utilizes some intense periods, I continually seek ways in which I can counteract the buildup of tension and stress. A way in which I enjoy spending an evening is with friends, exploring each other’s bodies with massage techniques, shaking, exploring. Other aspects of relaxation I use are journaling (reflecting on thoughts/feelings), Reading, Breath work, Nature, Laughing…
In your opinion: is a human being that moves more a better person and if so why?
I am in no position to judge another human. I can only share what works for me, some thoughts and feelings with regards to that, and of course my energy! But I would definitely encourage every human to move, the container we are housed in, our body, NEEDS TO MOVE.
How could a couch potato start to bring more movement in his/her life? Where can he/she start?
To quote Ido Portal – Educate yourself. Seek information that will enable you to move. I would also suggest that if motivation or unwillingness to seek information personally is a problem, find a community or coach to help you! We are social creatures and moving alone is very lonely. The beauty comes in the connections.
Are there some movements that you consider to be „essential“ for everyone?
Breathing, Sleeping, Eating, Sex… You get the picture! I’d also suggest anything that makes you feel good and maybe even makes you sweat…
In your workshops/coachings: do you differentiate between men and women?
This is completely dependent on the type of workshop! However, I would suggest I differentiate based on physical ability rather than gender…
Where can people find out more about what you are doing or even start training with you?
I am pretty active on instagram as WBROWN7. I am also in the process of restarting my blog. in which will be shared on the Movision Movement website. Alongside online coaching opportunities: I am always happy to answer messages and strive to engage with everyone who takes their time to be a part of the journey!
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