Was bezweckst du mit deiner Bewegungspraxis?

Was bezweckst du mit deiner Bewegungspraxis? Welche Gründe hast du, warum du dich bewegst? Ich kann mich bewegen, weil ich mir verspreche, damit einen gut aussehenden Körper zu erlangen oder aber, weil ich damit meine Gesundheit erhalten möchte. Bewegung kann mir ein Vehikel sein, mich dadurch auszudrücken oder aber zur Selbstbestätigung beitragen, wenn ich darauf aus bin, anderen mit meinen Fähigkeiten zu imponieren. Ein weiterer Grund kann sein, dass ich soziale Kontakte pflegen möchte, sofern ich Bewegung gemeinschaftlich ausübe. Oder aber, ich bin dabei lieber für mich, möchte mich und meine Grenzen besser kennenlernen.

Es gibt wahrscheinlich fast so viele Antworten auf diese Frage, wie es Menschen gibt. Wir alle sind unterschiedlich und haben unsere eigenen Beweggründe. Vieles geschieht in unserer modernen Welt allerdings mechanisch und wir schenken dem, was wir tun, kaum noch Beachtung. Daher kann es sinnvoll sein, einfach mal innezuhalten und sich zu fragen, was einen eigentlich „bewegt“. Was ist die Geschichte, die der eigenen Bewegungspraxis zugrunde liegt?

Für mich war Basketball immer das „Ein und Alles“. Mit zunehmendem Alter und Erfahrung stelle ich jedoch fest, dass ich mich gerade an einem Wendepunkt befinde und sich meine Perspektive zu Sport und Bewegung zu ändern scheint.

Meine persönliche Geschichte beginnt damit, dass in meinem Leben Sport immer schon eine große Rolle spielte. Meinen Eltern war es wichtig, dass wir Kinder sportlich aktiv waren. Ich probierte viele Disziplinen aus und bin schließlich beim Basketball hängen geblieben. Trotz meiner geringen Körpergröße hat mich diese Sportart sofort in ihren Bann gezogen. Stunden verbrachte ich mit meinen Freunden auf dem Freiplatz oder übte alleine auf dem Korb in unserer Einfahrt. Bald schon reichte es mir nicht mehr, einfach nur zu spielen. Ich entwickelte den Ehrgeiz, besser werden zu wollen. Meine Herangehensweise wurde immer mehr von Ernsthaftigkeit geprägt. All meine körperlichen Betätigungen liefen auf das Ziel hinaus, besser im Basketballspielen zu werden. Bald trainierte ich nahezu jeden Tag. Um körperliche Defizite kompensieren zu können, betrieb ich zusätzlich Krafttraining. Die Mühe zahlte sich aus und so war ich selbst und mit meinem Team erfolgreich (Auswahlmannschaften, Meistertitel, Aufstiege, lange Jahre Zugehörigkeit in der 2. Bundesliga). Basketball nahm eine Hauptrolle in meinem Leben ein, diese Sportwart war für mich das Synonym für Bewegung schlechthin.

Nachdem wir uns als Verein und Mannschaft vom semi-professionellen Wettbewerb zurückgezogen haben, bleibt mir nun die Zeit, andere Sportarten neben dem Basketball auszuprobieren. Und plötzlich merke ich, wie klein die Welt ist, in der ich mich bewege. Wenn ich meine Landkarte mit der der Bewegungswelt anschaue, muss ich feststellen, dass sie noch viele weiße Flecken aufweist. Ich mag mich auf dem Gebiet „Basketball“ gut auskennen, doch sind mir im Gegenzug viele andere Areale unbekannt. Dadurch dass ich derart auf Basketball fokussiert war, war daneben wenig Platz für anderes. Ich hatte ein starr vorgegebenes Korsett, was meine Bewegungspraxis und deren Möglichkeiten anbelangte. Das Gebiet, auf dem ich mich „bewegte“ war wie von Mauern umgeben und klar eingegrenzt. Nun ist es, als habe ein Erdbeben stattgefunden und diese Mauern zum Einstürzen gebracht. Grenzen verschwinden und neue Möglichkeiten tun sich mir auf. 

Zusätzliches Umdenken fand statt, als ich durch Zufall auf Katy Bowman und deren Arbeit stieß (https://nutritiousmovement.com/blog/). Sie macht eine krasse Unterscheidung zwischen Bewegung an sich und Bewegung, die rein aus Fitnessgründen betrieben wird . Da wir den Großteil unseres Alltags sitzen und „bewegungslos“ sind, versuchen wir, diese Inaktivität mit ein paar Stunden Sport in der Woche auszugleichen. Damit setzen wir uns und unsere Körper aber stets den gleichen repetitiven Tätigkeiten aus. Wir verkennen, welche Kapazitäten wir dabei brachliegen lassen. Bewegung wird damit lediglich zu einem weiteren Stimulus in unserer ohnehin schon reizüberladenen Welt. Fitnesstraining und Sport sind also nur ein minimaler Bestandteil der Gleichung („Exercise is not movement“). Bewegung soll nicht die Ausnahme, sondern die Regel und natürlicher Bestandteil unsere gesamte Lebensweise sein. Denn kein Lebewesen auf der Erde ist zu solch einem breiten Bewegungsspektrum fähig, wie wir Menschen es sind, wir nutzen es nur nicht! Mir wurde durch Katy´s Worte bewusst, wie ich mich und meinen Körper durch meine bisherige Bewegungspraxis eingeschränkt hatte: Mein Körper kann viel mehr, als nur für ein paar Stunden in der Woche einem Ball hinterherjagen und Körbe werfen!

Das bringt mich dazu, mich und meine Bewegungspraxis zu hinterfragen: Welchen Zweck soll Bewegung für mich erfüllen?

Bei der Suche nach Antworten, fand ich heraus, dass viele Menschen bereits umdenken, was die Bedeutung der Bewegung anbelangt. So wird „Natürliche Bewegung“ immer populärer, ein Credo für mehr Bewegungsvielfalt wird laut. Flaggschiff dieser „Movement Culture“ ist sicher Ido Portal. Wer sich einmal eines seiner Videos angesehen hat, wird wahrscheinlich ebenso von seinen Fähigkeiten als „Mover“ begeistert sein, wie ich (Sehr sehenswert, um eine Idee davon zu bekommen: https://youtu.be/W0Wr7HsylE0). Seine Philosophie ist es, die Menschen dazu zu bringen, ihr volles Bewegungspotential auszuschöpfen; dabei sollen die verschiedenen sportlichen Disziplinen zusammenkommen, um den eigenen Körper besser kennenzulernen. Ästhetik oder das Erreichen bestimmter körperlicher Fähigkeiten sind dabei nur Nebenprodukte, nicht der Zweck der Bewegung. Das Interesse gilt also dem größeren Bild, der Bewegung als solcher, die uns zu dem macht, was wir heute sind.

Menschen wie Katy Bowman und Ido Portal haben Auswirkungen darauf, wie ich mich und meine Bewegungspraxis sehe. Mein Köper ist zu mehr fähig, die Welt der Bewegung größer als bislang angenommen. Basketball alleine ist nicht mehr der Hauptfokus meiner sportlichen Aktivitäten, auch wenn ich immer noch gerne spiele. Ich gebe mein Bestes, aber ich habe nicht mehr das Bestreben, die beste Basketballspielerin zu werden, die ich sein kann und alles diesem Ziel unterzuordnen. Bewegung soll mir vielmehr helfen, die beste Version meines Selbst zu werden. Die Fragen, die ich mir stelle, lauten daher:

Wie kann Bewegung mir helfen, dass mein Körper sich verändernden Umweltbedingungen anpassen kann, ohne dabei Schaden zu nehmen? Wie kann ich mir dadurch möglichst lange meine Selbständigkeit erhalten, ohne auf Hilfsmittel, andere Menschen angewiesen zu sein? Wie kann ich dadurch persönlichen Wachstum erfahren, mich selbst und meinen Körper besser kennenlernen?

Der bereits angesprochene „Movement-Ansatz“ von Ido Portal ist Ausgangspunkt meiner Bemühungen. Ich werde verschiedene Sport- und Bewegungsarten in meine Bewegungspraxis miteinfließen lassen: z.B., indem ich mich daran versuche, einen Handstand oder jonglieren zu lernen. Da ich das Rad nicht neu erfinden kann, werde ich die Erfahrung und das Wissen der Menschen nutzen, die sich auf dem Gebiet der Bewegung bereits besser auskennen als ich. Durch Interviews, Workshops, Bücher werde ich lernen und neue Erkenntnisse und Dinge ausprobieren. Meine Erfahrungen und Erkenntnisse werde ich hier festhalten und mit euch teilen. Ihr selbst könnt einen Beitrag dazu leisten, meinen Horizont zu erweitern und mir eure Meinungen und „Beweggründe“ mitteilen.

Warum bewegst du dich? Was treibt dich an? Welchen Zweck verfolgst du damit?

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