Beim Aufbau dieses Blogs bin ich auf eine mentale Hürde gestoßen, die mich lange davor abhielt, dieses Projekt überhaupt zu starten. Diese Hürde von der ich heute sprechen will, heißt „Perfektionismus“.Bei jeder Zeile, die ich schrieb, bei jeder Konfiguration, die ich vornahm, war da dieser Gedanke, dass ich alles „richtig“ machen müsse, dass da nicht der kleinste Makel sein dürfe. Die Konsequenz, die sich daraus ergab war jedoch nur, dass ich mein Vorhaben immer weiter aufschob. Solange ich nicht in der Lage sein würde, etwas zustande bringen zu können, das in meinen Augen das Label „perfekt“ verdient hätte, war es mir nicht möglich, den Blog online zu stellen, geschweige denn, überhaupt etwas zu posten.
Je mehr ich jedoch versuchte, alles auch nur annähernd perfekt hinzubekommen, desto mehr blockierte mich diese Haltung. Statt also einfach anzufangen und etwas zu probieren, beschäftigte ich mich mit der inneren Stimme, die mir ständig sagte, nichts was ich tue sei gut genug. Indem ich dieser Stimme aber gehorchte, weigerte ich mich, voranzugehen und ließ damit Möglichkeiten und Chancen verstreichen.
Das Problem hinter dem Perfektionismus
Warum schreibe ich darüber? Was interessiert euch mein persönlicher Kampf, den ich mit mir und meinem Blog austrage, was möchte ich damit zum Ausdruck bringen?!
Nun, ich denke, Perfektionismus ist ein größeres Problem in unseren Köpfen als wir uns eingestehen mögen. Ist es nicht so, dass unser soziokulturelles Umfeld uns ständig glauben machen will, wir seien „nicht genug“? Ständig werden wir durch Zeitschriften, Fernsehen und Internet mit Meldungen bombardiert, die uns sagen, welche Erwartungen wir an uns selbst haben sollten. Sollten wir nicht alle schlauer, dünner, reicher, gut aussehend, der perfekter Partner, Eltern wohlerzogener Kinder, etc. sein?! Schließlich wird uns das in Wort und Bild gezeigt und damit unterstrichen, wie unsere Welt aussehen sollte. Und wir glauben natürlich, was wir sehen. In einer Welt, in der Dinge aber nicht immer so sind, wie sie scheinen (Photoshop sei dank) macht das unser „gewöhnliches“ Leben im Vergleich zu dem Leben, wie es uns als ideal vorgegaukelt wird, zur Qual. Wir entwickeln Erwartungen an uns selbst, die kongruent mit denen sind, was die Welt scheinbar von uns verlangt. Nur wenn wir diese Erwartungen erfüllen, können wir uns als wert- und gehaltvoll ansehen.
Indem wir aber diesen vermeintlichen Idealen nachjagen, versäumen wir es, wir selbst zu sein. Wir machen uns abhängig von Wahrnehmungen und Vorstellungen Anderer, ohne dabei zu realisieren, dass es niemals möglich sein wird, perfekt zu sein. Alles kann immer besser, größer und schöner sein. Zudem geht es bei der Kultivierung des Perfektionismus darum, dass wir als „perfekt“ wahrgenommen werden wollen. Wenn wir in der Wahrnehmung Anderer die Dinge erreichen, die als erstrebenswert gelten und dafür deren Anerkennung erfahren, können wir uns selbst Wert zurechnen. Damit machen wir unser Seelenheil von äußeren Umständen abhängig, die nicht in unserer Hand liegen. Es wird uns schließlich nicht gelingen, die Wahrnehmung, die andere Menschen von uns haben, zu kontrollieren, egal wie viel Zeit und Energie wir in dieses Vorhaben stecken. Wir fokussieren uns folglich auf Dinge, die außerhalb unseres Machtbereiches liegen. Wäre es nicht aber besser, wir würden uns darauf konzentrieren, was wir selbst ändern können?!
Akzeptieren und begrüßen, wer wir wirklich sind
Wir sollten weniger Gedanken daran verschwenden, wer wir sein müssten, sondern akzeptieren und begrüßen, wer wir wirklich sind.
Wir alle haben unsere Stärken und unsere Schwächen, niemand kann perfekt sein. Wir müssen uns eingestehen, dass es normal ist, auch mal zu scheitern, noch nicht da zu sein, wo wir hinwollen, dass das ganze Leben ein Projekt ist, das niemals zu Ende sein wird.
Wir dürfen mehr Mitgefühl mit uns selbst entwickeln und erkennen, dass das Gefühl von Unzulänglichkeit etwas ist, das uns alle im Laufe unseres Lebens einmal begegnen wird. Indem wir dieses Gefühl als solches wahrnehmen, ihm aber nicht erlauben, unser gesamtes Denken zu bestimmen, können wir konstruktiv damit umgehen und weiter voranschreiten. Denn dieser „Perfektionismus“ ist in Wahrheit nichts anderes als die Weigerung, voranzugehen, aus Angst, der eigene Stolz könne verletzt werden. Aber was ist wichtiger: der eigene Stolz oder die Akzeptanz, dass man sie ist, wie man eben ist und dies als Ausgangsbasis zu nehmen, sich weiterzuentwickeln? Wir können jeden Tag danach streben, das eigene Tun zu verbessern, zu wachsen und zu lernen. Wir können jeden Tag dazu bereit sein, unser Bestes zu geben, indem wir uns darauf konzentrieren, Entscheidungen und Wahlen zu treffen, die diesem Unterfangen zuträglich sind.
Etwas, das es wert ist, getan zu werden, ist es sogar wert, schlecht getan zu werden.
Während ich also an diesem Blog bastle, muss lernen, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich bereit sein muss, zunächst etwas schlecht zu machen, ehe ich es gut machen kann. Es fällt mir nach wie vor schwer, meine perfektionistische Haltung loszulassen und zu akzeptieren, dass die Dinge nun mal so sind, wie sie sind. Dennoch sehe ich das als Entwicklung an und als etwas, an dem ich jeden Tag arbeiten kann: nicht perfekt, sondern „genug“ zu sein. Indem ich mir selbst erlaube, hier auch Inhalte zu posten, die nicht perfekt sind, hoffe ich, dass auch du lieber Leser, das anerkennen magst und damit hilfst, dem Perfektionismus-Wahn ein Ende zu bereiten. Und vielleicht hilft es dir, darüber nachzudenken, in welchen Gelegenheiten du selbst zu hart mit dir ins Gericht gehst und ob du in diesen Situationen vielleicht ein wenig mehr Selbst-Mitgefühl und weniger Perfektionismus üben kannst.
Wie gehst du mit dem Thema „Perfektionismus“ um?
Wo hast du Erwartungen an dich selbst, von denen du weist, dass sie „ungesund“ für dich sind?
Welche Möglichkeiten nutzt du um dieser Haltung zu entfliehen und ein „gesundes“ Streben nach persönlichem Wachstum zu entwickeln?
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